Tierpark Hattersheim: Bella das humpelnde Rhönschaf
Trotz bester Pflege, bestem Fressen und ausreichend Platz, kommt es vor, dass ein Tier erkrankt. Auch die Tiere im Tierpark Hattersheim haben hin und wieder ein Wehwehchen. Das muss aber kein Grund zur Panik sein und übertriebene Tierliebe ist hier fehl am Platz. Warum das so ist, darüber werde ich diesmal berichten.
Ich sehe was, was du nicht siehst …
Zur Zeit werde ich mehrfach am Tag darauf angesprochen, dass eines unserer Schafe humpelnd durchs Gehege marschiert. Im Grunde genommen finde ich solche Meldungen völlig in Ordnung und ich kann die Menschen direkt vor Ort beruhigen und aufklären. Wenn ich aber 10 mal am Tag die gleiche Fragestellung höre und dabei so getan wird, als hätte ich keine Augen im Kopf, wird das schon teilweise unangenehm.
Es ist doch anzunehmen, dass, wenn ich im Tierpark bin, es mir irgendwann auffällt wenn eines der Tiere humpelt. Wenn jetzt nicht gerade zu dem Zeitpunkt der Meldung ein Unfall passiert ist, sind wir Tierpfleger in der Regel im Bilde und wissen Bescheid. Deshalb ist es eigentlich gar nicht erforderlich uns Bescheid zu geben, dass eines der Tiere humpelt. Ich selber bin stundenlang im Tierpark und habe dabei mindestens einmal Kontakt mit jedem Tier. Das gehört zu meinen Aufgaben als Tierpfleger einfach mit dazu.
Manchmal sogar komme ich mir so vor, als würden die Leute mich als blind, oder blöd einstufen. So blöd und blind, dass ich nicht einmal sehen kann, wenn eines der Tiere humpelt. Es sei denn, es ist gerade etwas just in Time passiert, dann bin ich froh über jede Meldung. Tut mir leid, wenn ich das jetzt so direkt raus geschrieben habe, aber es ist tatsächlich demütigend, wenn Menschen auf mich zukommen und mich fragen “Haben sie schon gesehen, dass eines ihrer Schafe humpelt?”. Selbstverständlich habe ich das gesehen, wofür sonst bin ich denn vor Ort?
Wenn Schafe und andere Tiere humpeln ist das kein Grund zur Sorge!
Aktuell ist es Bella, eines unserer Rhönschafe, die humpelnd durchs Gehege marschiert. Schon alleine die Tatsache, dass sie durchs Gehege humpelt und auch neugierig an den Zaun “rennt” wenn Besucher da sind, zeigt doch, dass es so schlimm nicht sein kann. Wäre es wirklich etwas extrem schmerzhaftes, dann würde auch ein Schaf nicht so blöde sein und durchs Gehege “rennen”. Jedes der Tiere hat die Möglichkeit sich zurück zu ziehen und wir Tierpfleger sehen das dann und wissen Bescheid. Die Tiere zeigen uns recht genau, was sie wollen und wann sie ihre Ruhe brauchen.
Auch wenn es tatsächlich so ist dass Tiere weniger wehleidig sind als Menschen, ist es doch so, dass auch Tiere intelligent genug sind um sich selbst zu schonen.
Das humpelnde Schaf Bella. Alles kein Beinbruch, oder doch?
Bella hatte als Lamm eine unschöne Begegnung mit Eseldame Stella. Das war ein echter Unfall, weil der damals verantwortliche Tierpfleger aus dem Urlaub kam und ohne mein Wissen das Gehege zu den Eseln geöffnet hatte. Stella hatte dann die Gunst der Stunde genutzt und Bella so feste getreten, dass ihr Beinchen gebrochen war.
Das Bein wurde dann geschient und Bella hatte schmerzlindernde Medikamente bekommen. Das Ganze hat sie sehr gut verkraftet und der Bruch ist sehr gut verheilt. Was aber geblieben ist, ist das Bella bei extremen Temperaturschwankungen und extremen Wetterlagen Schmerzen bekommt. Schmerzen die aber nicht wirklich behandlungsbedürftig sind.
Manchmal ist weniger, mehr.
Schafe sind, wie Ziegen auch, Fluchttiere. Wenn ein Schaf meint es ist in Gefahr, wird es alles daran setzen zu flüchten. Dabei ist dem Schaf egal, ob eine wirkliche Bedrohung vorhanden ist, oder es sich diese nur einbildet. Wenn wir Bella jetzt fangen, oder auch nur anlocken und dann festhalten, dann wird sie sich vehement wehren. Für eine erste Begutachtung bleibt uns in der Regel nichts anderes übrig. Wenn wir dann aber feststellen, dass keine behandlungsbedürftige akute Verletzung vorliegt, dann ist es für das Tier besser, angenehmer und hilfreicher, wenn wir sie bei den anderen Tieren lassen. Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass die Heilung so schneller voran kommt.
Bella wird sich, wenn sie im Stall separiert ist von den anderen Tieren, nicht ruhig verhalten und ständig an die Türen rammen, klopfen und treten. Wirklich Ruhe im Stall hat sie erst, wenn sie erschöpft ist, oder es ihr zu sehr weh tut.
Die Schafe und alle anderen Tiere auch, haben die Möglichkeit sich zurückzuziehen. Wenn sie dann in der Nähe der anderen Tiere sind, fühlen sie sich wohler, als wenn sie in “Einzelhaft” sitzen. Nicht immer ist das, was für den Menschen gut/gemeint ist auch gut für Tiere. Wenn wir Tierpfleger sehen, dass ein Tier dringend Ruhe benötigt und sich ausruhen muss, dann werden wir dafür sorgen, dass es diese Ruhe auch bekommt. Gleiches gilt für die medizinische Behandlung der Tiere.
Und wenn es doch mal sein muss, sprechen sie uns vertrauensvoll an!
Auf keinen Fall möchte ich Menschen davon abhalten mir Bescheid zu geben, wenn ein Tier verletzt ist oder krank. Wir Tierpfleger sind auch nur Menschen und können nicht alle Tiere gleichzeitig im Auge behalten. Es kann sogar vorkommen, dass wir etwas tatsächlich nicht gesehen haben, weil es z. B. in der Nacht passiert ist. In der Regel ist es aber so, dass wir sehr wohl wissen wenn ein Tier humpelt und wir es deshalb auch behandeln.
Das wir die Tiere dann nicht 24 Stunden intensiv versorgen können / müssen / sollten und, dass das auch überhaupt nicht (in der Regel) notwendig ist, das habe ich weiter oben ja schon beschrieben. Behandelt werden sie aber in jedem Fall, auch wenn sie frei durchs Gehege humpeln und es nicht danach aussieht!
Ich hoffe ich konnte mit diesem Beitrag ein wenig für Aufklärung sorgen. Abschließend möchte ich passend zum Thema noch einen, nicht ganz so ernst gemeinten, Beitrag empfehlen, welchen ich zu Beginn dieses Jahres geschrieben hatte. Auch hierbei geht es um humpelnde “Tiere”.
Und hier geht es zum erwähnten Artikel: www.blitz-kurier.net
Tierische Grüße
DerAdler
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