Tierpark Hattersheim: Rheuma-Willy – Der alte (Ziegen) Bock
Die Ziegen im Tierpark Hattersheim dürfen vor allem eines, sie dürfen sehr alt werden. Mit dem Alter kommen aber, genau wie bei uns Menschen auch, die “Alters Zipperlein”. Neben Eselin Stella ist Ziegenbock Willy der wohl älteste Anwohner im Tierpark Hattersheim. Um Willy und seine alters Gebrechen geht es in diesem Beitrag.
Im Tierpark Hattersheim dürfen alle Tiere leben solange sie wollen. Klingt erstmal komisch, ist aber so. Anders als das bei uns Menschen ist, haben Tiere sehr wohl eine Ahnung davon, wann sie nicht mehr leben “wollen”, oder können. Als Tierpfleger erlebe ich das immer wieder, dass die Tiere sich zum sterben zurückziehen, ihre Ruhe haben wollen und scheinbar nicht leiden. Das mit dem “nicht leiden”, das entscheide selbstverständlich nicht ich alleine. Mindestens ein Tierarzt ist immer in alle Entscheidungen mit einbezogen.
Der Tierpark Hattersheim und seine Senioren
Schon zu Beginn meiner Tätigkeit als Tierpfleger, in 2014, waren die Ziegen, in der damals noch vorhandenen Herde, bereits sehr alt. In der Regel werden Ziegen älter als 10 Jahre, aber nicht viel älter als 15. Bei guter Pflege und entsprechenden Bedingungen können Ziegen aber auch bis zu 20 Jahre alt werden. Alle damals vorhandenen Ziegen waren um die 13+ Jahre alt, als ich sie übernommen hatte. Während ein Großteil mittlerweile verstorben ist, haben sich drei Ziegen dazu entschlossen noch ein wenig älter zu werden. Dazu gehört auch Ziegenbock Willy.
Ziegenbock Willy der Rheumatiker
Persönlich kenne und betreue ich Willy jetzt seit über 6 Jahren. Schon als ich ihn kennenlernte hatte er, mit damals 13 Jahren, die besten Jahre bereits hinter sich. Und mindestens genauso lange hat Willy auch schon Rheuma (Arthrose). Auch genauso lange, hat Willy eine gewisse Koordinationsstörung / Haltungsschaden. Er hebt immer einen seiner Vorderläufe und es sieht so aus als würde er betteln.
Als Tierpfleger haben wir unsere Senioren selbstverständlich ganz besonders im Blick. Wenn Willy einen akuten Schub bekommt, dann ist immer ein Tierarzt zur Seite und Willy bekommt Medikamente. In den anderen Zeiten muss er, wie wir Menschen auch, mit seinem Gebrechen leben und das tut Willy sehr gut. Dabei bekommt er die beste Unterstützung die er benötigt, von uns Tierpflegern. Hat Willy mal keinen Bock 🙂 aufzustehen, dann bekommt er sein Fressen auch mal ans “Bett” gebracht.
Von wegen alt und gebrechlich
Was für die Besucher so aussehen mag, als würde Willy leiden, ist nichts anderes als Teil seines Wesens. Willy war schon immer, solange ich ihn kenne, ein sehr, sehr ruhiger Ziegenbock. Durch seine ruhige Art und die Schonung seiner Gelenke, ist Willy recht steif geworden. Das sieht man ihm auch an, aber er leidet definitiv nicht darunter. Von einer Sekunde auf die nächste kann Willy einen Angriff starten und, oder nach Futter rennen.
Der Willy kann abgehen wie ein Zäpfchen wenn er will.
Durch die Schonhaltung die Willy immer für sich beansprucht hat, ist Willy so wie er heute ist. Er als Ziege konnte es nicht wissen, dass die mangelnde Bewegung ihm eher schadet, als das sie nützt. Beurteilen kann ich das deshalb so gut, weil ich persönlich selber an einer sehr schweren Form von Rheuma erkrankt bin.
Ein Tier ist auch nur ein Mensch
Diesen Beitrag schreibe ich nicht nur allein aus dem Grund, dass ich die Menschen über Willy aufklären möchte.
Es ist mir ein Anliegen allgemein, dass Menschen anfangen Tiere genauso zu sehen, wie sie auch ihre Mitmenschen sehen. Immer wieder kommt es vor, dass Besucher ganz aufgeregt zu mir kommen und mir erzählen, dass Willy leidet und wir etwas unternehmen sollen. Warum? Weil Willy humpelt? Weil Willy so langsam ist, oder einfach nur alt? Und vor allem, was sollen wir tun? Willy einschläfern?
Unangenehm ist mir dabei, dass es tatsächlich auch Menschen gibt die sagen, dass ein altes, krankes Tier kein schöner Anblick sei und dafür etwas junges her muss. (Ihr versteht was ich meine?)
Manchmal habe ich das Gefühl, dass Menschen glauben, dass Tiere mehr leiden als Menschen. Das tun sie, so glaube ich zumindest, nicht.
Schmerzen waren schon immer ein Teil meines Lebens gewesen und ich wäre niemals, bis auf wenige Ausnahmen, auf die Idee gekommen, dass man mich euthanasiert. Sollte doch mal ein Tag dabei gewesen sein an dem ich mir das wünschte, einen weiteren Tag später war ich froh, dass es nicht so gekommen ist. Ich glaube Willy “denkt” da genauso. Deshalb bin ich mir sicher, Willy will Leben und das solange es geht.
Dass es auch mal weh tut, das steckt er weg. Das zeigt er mir immer wieder und ich glaube, das kann ich sehr gut beurteilen.
Was ich mir für Willy und alle Tier wünsche
Ich wünsche mir sehr, dass die Besucher unsere Tiersenioren als das sehen was sie sind, Senioren. Auch wünsche ich mir, dass hypersensible Tierschützer nicht immer gleich an unserem Sachverstand zweifeln, wenn Tiere durch den Park humpeln. Es gibt bei Tieren, genau wie beim Menschen auch, kein Zaubermittel welches ein Humpeln, ein Hinken oder andere Auffälligkeiten sofort beseitigt.
Es gibt Tage an denen es enorm stressig ist für uns Tierpfleger, wenn Dutzende Menschen uns auf ein und das selbe Tier und seine Gebrechen ansprechen. Manchmal fast so, als hätten wir keine Augen im Kopf.
Wer mag, kann einen entsprechenden, nicht ganz so ernst gemeinten, Beitrag von mir lesen:
https://www.blitz-kurier.net/artikel/tierpflegerpflegetiere/tierpflegerquaelerei/
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